Jurybegründung HessenKUSS
1 Preisträger in der Kategorie:
Beste Produktion HESSenKUSS Theater sehen!
Die HessenKUSS-Jury Marion Benz-Hoff und Tara Rudolph und Jakob Schnedler:
„Nach einer Woche intensiven Theatererlebens in der wir so unterschiedliche Stücke wie Tanztheater, Perfomance, Puppentheater und traditionelles Theater gesehen haben, ist uns die Entscheidung sehr schwer gefallen, da die Stücke nicht so einfach verglichen werden konnten und sie uns alle auf verschiedene Art und Weise angesprochen haben. Letztendlich war für uns aber ausschlaggebend, wie sehr wir emotional von dem Stück berührt wurden.
Den 1. Preis des Hessenkuss-Festivals erhält dieses Jahr das Theaterstück ,,Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zaunes schaute.“ Das vom Staatstheater Wiesbaden inszenierte Stück betrachtet die Situation in einem Konzentrationslager aus der Perspektive von Tieren des Zoos Buchenwald, der auf einer historischen Tatsache beruht. Die Zootiere wurden von den Menschen aus ihrer angestammten Heimat verschleppt, unter ihnen ist auch ein kleiner Braunbär. Er erkennt schnell, dass es im Lager zwei Arten von Menschen gibt: Die Gestiefelten, die an diesem Ort das Sagen haben und die Gestreiften, die von ihnen auf übelste Art misshandelt und gedemütigt werden. Entsetzt über diese Situation sucht er Rat bei den anderen Tieren, doch er stößt nur auf Unverständnis.Als der Bär auch noch erfährt, dass vor ihm ein Nashorn im Zoo lebte, welches über den Zaun zu den Gestreiften blickte und daraufhin aus ungeklärten Gründen verstarb, beschließt er, dass etwas geschehen muss.Das Stück besticht besonders durch ein beeindruckend gestaltetes und kreativ bespieltes Bühnenbild, welches aus aufeinandergestapelten Holzkisten unterschiedlicher Größe besteht. So wird es beispielsweise als Schornstein oder Berg benutzt.
Durch einen neuen Blickwinkel auf dieses sehr bedrückende Thema werden alte Betrachtungsweisen aufgebrochen.
Denn die Tiere spiegeln die damalige Gesellschaft wieder und vertreten unterschiedliche Sichtweisen Dabei bringt das Stück den Zuschauer ohne erhobenen Zeigefinger dazu, sich mit den verschieden Ansichten auseinanderzusetzen.
Wir glauben, dass dieses Stück jungen Menschen den Einstig in diesen Teil der deutschen Geschichte erleichtern kann. Auch besitzt das Stück trotz der traurigen Grundstimmung durchaus freundliche Elemente, die einen zum Schmunzeln bringen. Erwähnenswert ist hier das Murmeltier, aber auch das Nashorn, welches durch ein gutes Zusammenspiel der Schauspieler*innen zum Leben erwacht. Besonders erfrischend waren auch die ständigen Rollenwechsel der vier Schauspieler*innen, sowie die chorischen Szenen, die das Stück lebendiger erscheinen ließen. Durch eine unerwartete und abrupte Wendung kommt die Geschichte schließlich zu einem gelungenen Ende, welches den Zuschauer nachdenklich zurücklässt.
Unserer Meinung nach ist das Stück des Ensembles aus Wiesbaden rundum gelungen und in jedem Fall weiterzuempfehlen.“