Heinrich von Kleist
DER ZERBROCHNE KRUG
Lustspiel
Das 1808 in Weimar uraufgeführte Stück rekonstruiert eine Tatnacht, in der ein Mensch einen Krug zerbrochen hat. Aber was für ein Krug! Angeklagter, Klägerin und Richter verlieren sich in immer abstruseren Verwicklungen und beschuldigen wild herum. Und die einzige wahre Zeugin beschließt zu schweigen…In Huisum erscheint der Gerichtsrat Walter mit dem Auftrag, die Justiz auf dem „flachen Land“ zu prüfen. Der Dorfrichter Adam jedoch ist verletzt und hat zudem seine Perücke verloren. Trotzdem beginnt die Verhandlung, unter dem Vorsitz des Gerichtsrats, in obengenannten Fall. Ein Musterbeispiel der Analyse entblättert sich im Pro und Kontra, im Hin und Her der stattgefundenen Realität. Dieser Gerichtsverhandlung beizusitzen ist eine wahre Lust, eine diebische Freude am ausgelassenen Argumentieren und den übertriebenen Ausreden und Beschuldigungen. In diesem Verfahren und in diesem Dorf hat jeder der Beteiligten seine eigenen Begehrlichkeiten. Die Mutter, Marthe Rull, beschuldigt den Verlobten, Ruprecht. Brigitte, eine Nachbarin, wiederum beschuldigt den Teufel und Schreiber Licht, erhellt um weitere Widersprüchlichkeiten die Geschichte: um die verschwundene Perücke. Und der Richter Adam lässt obenauf ein Multiversum an möglichen Vergangenheiten entstehen.
Nur warum aber geht es so lang um die Perücke? Und in welchem Detail steckt nun der Teufel? Es ist schwer, zu dem eigentlichen Sachverhalt der Verhandlung vorzudringen: dem kaputten Krug. Die Aussagen werden zunehmend zur Farce, die Gegenfragen jedoch präzisieren sich - die Schlinge zieht sich enger. War es der Ruprecht oder war es Satan höchstpersönlich? Liegt eine Erpressung vor? Wer will sich hier freisprechen, sich selbst frei wovon sprechen? Und wer kann überhaupt frei sprechen? Doch dann, dann spricht sie. Die Person, die bisher geschwiegen hat. Sie, die von allem weiß. Sie lässt das „ehrenwerte Gericht“ nicht davonkommen. Souverän ergreift sie das Wort und widerlegt alle Ausreden und alle Versuche, die Wahrheit zu verschleiern.
Eine Frau, Eve, verteidigt die Wahrheit. Sie stellt klar, wie der Krug zerbrochen ist – wem dies passierte. Sie beendet den verbalen Fight, widerspricht ihrer Mutter, dem Verlobten, überhaupt allen, die sie mundtot machen wollen, und widerlegt den Versuch zum Lügen und beendet damit das vermeintlich Gewiefte. Ja, es ist eine wahre Lehrstunde des Argumentations- und Diskussionstrainings und ein Verwirren der Beisitzer*innen, uns. Diese Art Lustspiel, die Lust am Spiel der Beteiligten mit der Argumentation, mit dem Versuch der trickhaften Tatsachenverschleierung zur Vorteilsnahme, dies alles kennen wir auch von unserer Gegenwart. Ein Klassiker durch und durch, unkaputtbar.
Für alle Menschen ab 14 Jahren, die Sorge tragen, dass Gerichte korrumpiert werden, dass der Egoismus siegt und Menschen um ihr Recht betrogen werden.
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Großes Tasch
Premiere:
Saturday, 29.11.2025
Direction: Paul Spittler
Stage & costumes: Tom Unthan
Music: Christian Keul
Dramaturgy: Petra Thöring
Theatre pedagogy: Lotta Janßen
Direction assistance: Henriette Seier
Stage manager: Phin Mindner
Prompting: Silke Knauff
Acting:
Eve Rull –
Anke Hoffmann
Walter –
Ulrike Walther
Adam –
Sven Brormann
Licht –
AdeleEmil Behrenbeck
Frau Marthe Rull –
Bibiana Malay
Ruprecht Tümpel –
Flamur Blakaj
Frau Brigitte –
David Zico